Geschichtliche Entwicklung von Westpreußen

Deutsche Besiedlung

Mit Zustimmung von Kaiser und Papst begann im frühen 13. Jahrhundert der von Herzog Konrad von Masowien ins benachbarte Kulmer Land gerufene Deutsche Orden die Gründung des Deutschordensstaates Preußen. Dadurch wurde das im späteren Westpreußen gelegene Kulmer Land zur Keimzelle dieses für die damalige Zeit sehr fortschrittlich geglie­derten und verwalteten Staates, in dem es neben dem unmittelbaren Herrschaftsgebiet des Deutschen Ordens auch weltliche Territorien der Bischöfe und deren Domkapitel gab. Mitte der 80er Jahre des 13. Jh. setzte der große Bauerntreck über die Landbrücken durch Pommern, längs der Netze und von Schlesien her ein. Er brachte den eisernen Scharenpflug mit, der auch schweren Boden in Kultur zu nehmen erlaubte. Höhepunkt der Zuwanderung ist das erste Jahrzehnt des 14. Jh. 1820 hat sie bereits ihr Ende erreicht. Die weitere Siedlung geschieht durch Binnenwanderung der nächsten Generation.

Die Besitzverhältnisse der neu angelegten Dörfer und Güter sind eng mit der Finanzverwaltung des Ordens verknüpft, die schon von den Zeitgenossen sehr anerkennend beurteilt wird. Der Ordensstaat galt als der bestverwaltete seiner Zeit, auch das Böhmen Karls IV. nicht ausgenommen. Der Reichtum der »Herren in Preußen« war bis 1410 sprichwörtlich. Diese Werte kamen hauptsächlich aus der Siedlung. Der Orden nahm von den Neuangesetzten kein Kaufgeld, gab ihnen aber nur ein eingeschränktes Besitzrecht an ihren Höfen und behielt sich das Obereigentum vor.

Nach der Ordensherrschaft ab 1454/1466 und bis zur Zugehörigkeit zum Königreich Preußen ab 1772/1793 war das westliche Preußenland ein Ständestaat unter der Oberhoheit der Krone Polen, in dem die großen Städte Thorn, Elbing und besonders Danzig die Stellung von Stadt­republiken einnahmen. Die Wiedervereinigung der beiden 1466 getrennten altpreußischen Landesteile waren für König Friedrich II. von Preußen der Anlass, die Namen Westpreußen dem westlichen und Ostpreußen dem östlichen Landesteil 1773 zu verleihen. Hauptverwal­tungssitz wurde 1772 mit Verwaltung und Gericht – Kammer und Regierung – die Stadt Marienwerder. Nach der Eingliederung der städtischen Territorien von Danzig und Thorn im Zuge der zweiten Teilung Polens im Jahre 1793 wurde die Provinz im Anschluss an die „Napoleonische Periode“ (1806-1815) im Jahre 1815 neu errichtet. Bromberg und der Netzedistrikt wurden im Zuge dieser Reorganisation dem Großherzogtum Posen zugeschlagen, während die Landkreise Deutsch Krone und Flatow nunmehr der Provinz Westpreußen zugeordnet wurden. Von 1829-1878 bildeten Ost- und Westpreußen die einheitliche Provinz Preußen und wurden ab 1878 wieder zu getrennten und selbständigen Provinzen.

Nach dem ersten Weltkrieg musste der überwiegende Teil Westpreußens (der sogenannte „Polnische Korridor“) aufgrund des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 (in Kraft getreten am 10. Januar 1920) ohne Volksabstimmung und damit unter Missachtung anerkannter völkerrechtlicher Grundsätze an Polen abgetreten werden. Danzig und die umliegende Region (Danzig-Land und das Große Werder) wurden – ebenfalls ohne Volksabstimmung – „Freie Stadt“, unterstanden insoweit dem Schutz des Völkerbundes, waren aber dem polnischen Zollgebiet unterstellt. Nach Durchführung einer Volksabstimmung am 11. Juli 1920 mit einem Stimmergebnis von 92,3 % für Deutschland verblieben im Deutschen Reich nur einige östlich von Nogat und Weichsel gelegene Landkreise des früheren Regierungsbezirks Marienwerder (die Landkreise Elbing, Marienburg, Marienwerder, Rosenberg und Stuhm), die von 1922-1939 als Regierungsbezirk Westpreußen der Provinz Ostpreußen angegliedert waren. Gleichzeitig wurden die ebenfalls im Deutschen Reich verbliebenen westpreußischen Landkreise Deutsch Krone, Flatow und Schlochau, sowie die Stadt Schneidemühl, der neu gebildeten Provinz Grenzmark Posen-Westpreußen zugeschlagen und nach deren Auflösung mit Wirkung vom 1. Oktober 1938 in die Provinz Pommern eingegliedert.

Nach der Besetzung Polens im September 1939 wurde der „Reichsgau Danzig-Westpreußen“ gebildet, der zunächst Reichsgau Westpreußen hieß. Er umfasste den größten Teil der früheren preußischen Provinz Westpreußen, einschließlich der „Freien Stadt Danzig“ und das 1920 als Regierungsbezirk Westpreußen in die Provinz Ostpreußen eingegliederte Gebiet, während die westlichen Gebiete der früheren Provinz Westpreußen bei der Provinz Pommern verblieben. Neu hinzu kamen die vor dem Versailler Vertrag (1919) zur preußischen Provinz Posen gehörenden Landkreise Bromberg (Stadt und Land) und Wirsitz, ferner die Landkreise Leipe und Rypin im Südosten, die vor 1919 nicht zum Deutschen Reich, sondern zum Herzogtum Warschau(„Kongreßpolen“) des Russischen Reiches gehört hatten. Der Reichsgau Danzig-Westpreußen war in die drei Regierungsbezirke Bromberg, Danzig und Marienwerder untergliedert.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges (1945) erhielt Polen die zuvor zu seinem Staatsgebiet gehörenden Landkreise zurück. Die vor dem 31. Dezember 1937 zum Deutschen Reich gehörenden Gebiete und das Gebiet der „Freien Stadt Danzig“ wurden 1945 („Potsdamer Abkommen“) zunächst unter polnische Verwaltung gestellt. Die völkerrechtliche Bedeutung der so bewirkten Grenzziehung („Oder-Neiße-Linie“) war höchst umstritten; während die sogenannten „Ostblockstaaten“ den Standpunkt vertraten, die Grenzziehung sei endgültig, hat die westliche Völkergemeinschaft überwiegend die Auffassung vertreten, es handele sich nur um eine vorläufige Grenzziehung. Die DDR hat die „Oder-Neiße-Linie“ bereits frühzeitig als endgültige Westgrenze Polens anerkannt. Im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehungen; vom 7. Dezember 1970 (Bestandteil der „Ostverträge“) wurde festgestellt, dass die „Oder-Neiße-Linie“ die westliche Staatsgrenze Polens bildet. Zugleich haben beide Staaten die Unverletzlichkeit ihrer (dieser !) Grenzen bekräftigt und erklärt, dass sie wechselseitig keine Gebietsansprüche gegeneinander haben und derartige Ansprüche auch zukünftig nicht erheben werden. Durch den „Zwei-plus-Vier-Vertrag“ vom 12. September 1990 wurden die Außengrenzen des wiedervereinigten Deutschlands sodann endgültig festgeschrieben. Nach Abschluss und wechselseitiger Ratifizierung des im Anschluss an diesen Vertrag (völkerrechtlich) noch erforderlichen Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen vom 14. November 1990 gehört das Gebiet der früheren Provinz Westpreußen auch völkerrechtlich nunmehr zu Polen.

Quelle: unbekannt

Rechenberg Historia