Namen und ihre Bedeutung
Namensbedeutung
Der Nachname war nicht immer da. Lange war ein Rufname genug, um die Bewohner einer Gemeinde anzusprechen. Doch Namenmoden in der Rufnamengebung hatten bis etwa zum 12. Jahrhundert dazu geführt, dass der heimische Rufnamenschatz erheblich ausgedünnt worden war.
Wenige Rufnamen waren populär, die einstige Vielfalt verloren. So teilten sich viele Menschen den selben Rufnamen. Das rasante Städtewachstum der Zeit war für die Entwicklung vom Rufnamen zum Beiname zum Nachname von erheblicher Bedeutung. Als Städten für zunehmend mehr Menschen attraktiv wurden, erreichte dort die Bevölkerung bald eine so hohe Dichte, dass ein Name allein schlicht nicht mehr ausreichte. Dennoch mussten die Bewohner eindeutig anzusprechen sein. So entwickelte sich der Trend, ihrem Rufnamen im Gebrauch beschreibende Wörter beizufügen. Man begann den einen mit verlässlicher Regelmäßigkeit den einen langen Hans zu rufen, den anderen den Altenburger Hans, oder einen weiteren Hans den Schmied. Der Beiname war entstanden.
Beinamen
Zunächst war ein Beiname nur an die jeweilige Person gebunden, andere Familienmitglieder hatten eigene Beinamen. Trotzdem konnte auch mit mehreren Beinamen ein und dieselbe Person angesprochen werden. Hans der Schmied und Altenburger Hans konnten durchaus der selbe Hans in unterschiedlichem Kontext sein. Vorerst jedoch löste der Beinamen das Problem unzureichender Identifizierung.
Um aber etwa Landbesitz zu dokumentiert, Steuerzahlungen festzuhalten usw. waren Beinamen auf Dauer ungeeignet. Sie funktionierten nur gut, solange sich alle Beteiligten persönlich kannten. Mit nur ein oder zwei Generationen zeitlichem Abstand war die Bedeutung amtlicher Dokumente kaum mehr nachvollziehbar. Die Namen waren da, aber die sichere Zuordnung zu einer Person war nicht mehr möglich. Administrative Gründen zwangen zu einer Entwicklung: der Beiname verschwand, der feste Nachname setzte sich durch.
Familienname
Der Nachname, oder auch Familienname, mussten jetzt mehrere wichtige Funktionen erfüllen. Generell musste er:
- amtlich verbindlich sein,
- lebenslang bestehen und
- vererbt werden.
So ist also das Auftreten desselben zweiten Namens über mehrere Generationen innerhalb einer Familie ein sicheres Anzeichen für die Entstehung eines Familiennames. Auch wenn der zweite Name nicht mehr als Beschreibung der jeweiligen Person zutrifft, etwa wenn Hans Schmied kein Schmied war, sondern Geigenbauer, ist das als Indiz für einen Familiennamen zu werten.
Der Übergang vom Modell Rufname zum Modell Vorname plus Nachname begann etwa im 12. Jahrhundert. Dabei waren Adlige und Patrizier Vorreiter, Knechte und Dienstboten kamen zuletzt. Die Entwicklung begann im Südwesten und verbreitete sich im 13./14. Jahrhundert bis in den Nordosten, Städte wurden viel eher erfasst, als das Land. Dort funktionierte das einnamige Modell stellenweise noch im 17./18. Jahrhundert.
Festzuhalten bleibt: dem Familienname lag ein Wort als Ursprung zu Grunde, das eine Person zu einer bestimmten Zeit auf irgendeine Weise charakterisierten, in der sie sich aus der Masse hervorhob. Benennung nach Andersartigkeit ist das Prinzip. In unseren Breiten läßt sich darüber jede Namensbedeutung erklären. Doch worin unterschieden sich die Menschen?
Patronymische Familienamen
Innerhalb einer Gemeinschaft konnten zwei Personen mit dem Rufnamen Friedrich beispielsweise aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Vätern identifiziert werden. Dazu fügte man dem Rufnamen einfach den Namen des Vaters (selten auch den Namen einer anderen Leitfigur) bei. So war der eine Friedrich, Gerhards Sohn, der andere Konrads Friedrich. Später konnte sich der Beiname zum Familiennamen verfestigen, als Gerhard(s) oder Konrad(s).
Im deutschen Nordwesten (und in Skandinavien) ist auch die Endung -sen weit verbreitet, die vom reduzierten Wort „Sohn“ übrig geblieben ist. Patronymischen Familiennamen, also Vatersnamen, begegnen uns heute zahlreich. Denken sie an Jahn Ulrich, Thomas Gottschalk, Udo Jürgens. Matroymische Familiennamen – aus dem Namen der Mutter – sind hingegen sehr selten.
Herkunftsnamen
Ein Zusammenhang mit Ortsnamen ist dieser Gruppe von Familiennamen oft sofort anzusehen. Eisenberg(er), Altenburg(er), Weimar – eine Herleitung für solche Familiennamen ist schnell gefunden. Es gibt Orte mit gleich lautende Namen. Die Bedeutung dieser Namen läßt sich also mit „der aus …“ beschreiben.
Generell war es der Zuzug einer Person aus dem jeweiligen Ort, der sie von den Alteingesessenen unterschied. Kam z.B. ein Heinrich aus Altenburg nach Kassel, konnte er dort Heinrich aus Altenburg oder Heinrich, der Altenburger gerufen werden. Der Ortsname Altenburg wurde in der Fremde als Beiname angefügt und verfestigte sich zum Familiennamen.
In seiner alten Heimatstadt wäre der gleiche Vorgang weitgehend ausgeschlossen gewesen, da waren ja alle Altenburger – ein unterscheidendes Potential hatte der Name dort nicht.
Dennoch, obwohl die Erklärung der oben angeführten Familiennamen offensichtlich scheint, ist Vorsicht geboten. Zwar können all diese Familiennamen auf einen Ortsnamen zurückgehen, aber auf welchen?
Mindestens zwei Orte Weimar, einer in Thüringen, ein anderen bei Frankfurt/Main, sind als Basis für den Familiennamen Weimar zu berücksichtigen. Bei Altenburg(er) kommen gleich eine handvoll Orte in Betracht, mehrere auch für Eisenberg. Für diesen ist außerdem die Erklärung aus einem Wohnstättennamen denkbar. Um solche Familiennamen hinreichend zu erklären, müssen also in einem möglichst umfassenden Ortsverzeichnis – vorzugsweise auch noch eines mit historischen Belegen – potentielle Ortsnamen als Basen gefunden werden. Wahrscheinlich ist auch ein wenig Ahnenforschung notwendig, um einen passenden Ort zu finden. Oft deutet die Geschichte einer Familie auf ein Gebiet, das in relativer Nähe zu einem passenden Ortsnamen gelegen ist.
Auch die Herkunft aus einer Region fällt in die Gruppe der Herkunftsnamen. Einen Schwabe, Sachs(e), Böhme oder Bayer kenne sicher auch Sie.
Wohnstättennamen
Diese Gruppe von Namen gibt ebenso die Herkunft einer Person wieder, allerdings nicht aufgrund von Zuzug aus der Fremde, sondern nach der Herkunft innerhalb einer Siedlung. Besonders markante Punkte in der Nähe der Behausung oder Charakteristisches der Behausung selbst konnten als Ansatzpunkt für einen Beinamen dienen.
Wohnte jemand am Anger, konnte sich daraus der Familienname Anger oder Angermann entwickeln; jemand, der am Baum wohnte, konnte Baum gerufen werden; der von der Wiese kam, konnte Wies(e) oder Wies(e)mann genannt werden.
In dieser Gruppe treten häufig Wörter auf, die nur sehr regional verbreitet waren und deren Bedeutung im heutigen Wortschatz völlig unverständlich ist. Passende Dialektwörterbuch oder auch Flurnamenbücher der jeweiligen Region können hier helfen, die Bedeutung der Namen zu erklären. Vorsicht auch, weil vermeintliche Wohnstättennamen manchmal in andere Gruppen fallen können. Mühle kann sowohl zu Wohnstättennamen gehören, als auch in die Gruppe der Berufsnamen, Steinhäuser kann Wohnstättenname (der aus dem Steinhaus) oder Herkunftsname (der aus Steinhausen) sein.
Übernamen
Namen dieser Gruppe sagen etwas über Aussehen oder Charakter einer Person aus. Groß (Groß[e]), klein (Kurz), hell- (Weiß[e], Wittkopp), dunklehaarig (Schwarz[e]) oder kahl (Kahlkopf), gefräßig (Pfannkuchen), dem Alkohol zusagend (Guckinsglas) oder Frühaufsteher (Morgenschweiß) – all das kann sich in Familiennamen widerspiegeln.
Bei Übernamen ist die äußerliche oder charakterliche Abweichung einer Person von der Norm – wenn es denn so etwas gibt – zum Benennungsmotiv geworden. Auch in dieser Gruppe findet man Wörter in Familiennamen verewigt, die im alltäglichen Sprachgebrauch ausgestorben sind.
Berufsnamen
Unter den 20 häufigsten deutschen Familiennamen finden sie: Müller, Schmi(e)d, Schneider, Fischer, Meyer, Bäcker, Bauer, Wagner, Koch – die wichtigsten Berufe von früher sind die bekanntesten Familiennamen von heute. Wie die Person benannt wurde, liegt auf der Hand. Zu den Berufsnamen zählen aber auch Familiennamen wie Krempelsetzer oder Gänseräufer, denen man ihren Sinn nicht unmittelbar ansieht. Ersterer bezeichnete eine Person, die Kurzwaren zum Verkauf ausbreitete, also einen Händler; Gänseräufer einen Geflügelhändler, der die Tiere auch rupfte.
Doch viele der früheren Berufe sind heute überflüssig geworden und in Vergessenheit geraten. So wurde mit dem Namen Sauschneider nicht etwa ein schlechter Schneider benannt, vielmehr ist er aus der Berufsbezeichnung des Schweinekastrators hervorgegangen. (Hellfritzsch, Familiennamenbuch des sächsischen Vogtlandes, 1990). In Namen existieren alte Bezeichnungen fort.
Das Buch „Falkner, Köhler, Kupferstecher“ (R. Pala, 1994) bietet interessante Informationen zu solchen ausgestorbenen Berufen.
Typische Werkzeuge oder Begleiterscheinungen eines Berufes, die zum Namen wurden, kann man ebenfalls zu den Berufsnamen zählen, etwa die Familiennamen Hammer und Pinkepank für einen Schmied (dessen Bedeutung sich erst erschließt, wenn man sich das Geräusch wiederholten Schlagens mit einem Hammer auf Metall vorstellt) oder Mehlhose für einen Müller.
Entstehung von Ortsnamen
Die Mehrzahl der Ortsnamen in unseren Breiten hat eine „natürlichere“ Herkunft. Die Namen wurden nicht spontan gegeben, sondern sie bildeten sich über einen langen Zeitraum hinweg aus alltäglichem Wortmaterial heraus. Diese Ortsnamen erwuchsen aus der gesprochenen Sprache.
Oft wurden Stellenbeschreibungen zum Ortsnamen.
Stellen Sie sich vor, in einer Zeit, als es noch keine Ortsnamen (in unserem heutigen Verständnis) gab, wurden jemand nach seiner Herkunft gefragt. Die beste Ortsangabe war eine Beschreibung des Areals, z.B. „ich komme aus dem neuen Dorf“ oder „ich wohne am hohen Ufer“. Der Ortsname Hannover (mundartlich) entstand z.B. so.
Ein anderer beschrieb seine Herkunft mit „ich komme aus dem Steintal“. So wurde der Ortsname Stendal herausgeformt (aus altsächsisch sten und dal).
Für derartige Ortsangaben wurde oft eine Präpositionalphrase (im, an, bei, auf…) bemüht. Deswegen finden sich in Ortsnamen sehr häufig erstarrte Dative wieder. Orte heißen Bergen und nicht „Berge“ (ich wohne in den Bergen); Tiefenbach und nicht „Tiefebach“ (vom tiefen Bach); Blankenburg und nicht „Blankeburg“ (von der blanken [hellen] Burg).