Einführung in die Sphragistik (Siegelkunde)
Der Begriff „Siegel“ entstammt dem Lateinischen „sigillum“ (Bildchen, Figürchen) einer Verkleinerungsform von „signum“ (Zeichen, Kennzeichen). Im 13. Jahrhundert taucht im Mittelhochdeutschen „sigel“ auf, welches entweder aus dem Volkslateinischen „sigillio“ abgeleitet, direkt aus dem Lateinischen „sigillum“ entlehnt oder aus dem Verb „sigelen“ zurückgebildet wurde.
Siegel sind seit den frühen Hochkulturen bekannt. In Form des Rollsiegels, einem Siegelzylinder, gab es schon in Mesopotamien. Seit dem 8. Jahrhundert vor Chr. setzte sich das Stempel-Siegel durch. Siegel wurden als Beglaubigungsmittel, aber auch zum Verschluss von Urkunden und Briefen benutzt.
Als authentisch, d.h. allgemein rechtswirksam, wurden die Siegel der Kaiser, Könige und Päpste, in begrenzterem Umfang die der geistlichen und weltlichen Fürsten sowie der Städte angesehen. In der Umschrift parallel zum Siegelrand wurde Name und Stand des Siegelführers angegeben, sie beginnt i.d.R. oben in der Mitte mit einem Kreuz. Das Siegelbild wurde einer Siegelmasse mit Hilfe eines Siegelstempel (Typar), Siegelrings oder Petschaft eingeprägt, bis zur Einführung von Gummistempeln, für die in der Amtssprache weiterhin die Bezeichnung „Dienstsiegel“ gebräuchlich ist. Daneben sind Prägesiegel noch in Gebrauch.
Die Siegel waren aus hartem Stein, Halbedelstein oder Metall gefertigt. In Halbedelsteine gravierte, werden noch heute in Form von Siegelringen verwendet. Als Siegelstoff diente Wachs, farblos und gefärbt; auch mit Metall und seit dem 16. Jahrhundert mit Siegellack. Siegellack bestand ursprünglich aus Schellack (Naturharz aus dem dunkelroten Ausscheidungsprodukt der Lackschildlaus), Kolophonium (Geigenbogenharz, welches bei der Terpentinölgewinnung entsteht), Terpentin (destilliertes Kiefernharz) und Farbstoffen. Heute werden Kunstharze verwendet. . Daneben tritt seit dem 14.Jahrhundert das Papiersiegel, d.h. die Prägung eines Papierblättchens, das zunächst mit einer dünnen Wachsschicht, später mit Oblaten auf der Urkunde befestigt und dann geprägt wurde (Oblatensiegel). Metallsiegel (Bullen) fanden in der Papstkanzlei als Bleibulle, in Königs- und Kaiserurkunden als Goldbulle Anwendung. Häufige Motive des Siegelbildes sind der thronende Herrscher (s.o.), Ritter zu Pferd, Wappen, Schutzheilige oder auf dem Revers der kaiserlichen Goldbulle die Aurea Roma.